Dramatische Darstellung. 177
Der Fürst (nachsinnend.) Von Detmund?
Von Detmund? — Hatt' ich nicht unter meinen
Truppen einen Major von Dermund? —
Der Hauptmann. Ganz recht, gnädigster
Herr.
Der Fürst. Dergleich im ersten Feldzuge blieb?
Der Hauptmann. Im ersten Feldzuge!
Ganz recht! ■*— Das war der Vater des Fahndrichs
und dieses Kleinen. — Es war ein rechtschaffner
Mann. Er stieg auf eine Sturmleiter, als wenn er
zum Tanze ginge. Er hatte Herz, wie ein, Löwe.
Der Fürst. Und wie ein Mensch! Das will
noch mehr sagen, Herr Hauptmann. — Ich erinnre
mich seiner sehr wohl, und ich wünschte —
Der Haupt mann (einen Schritt näher tre-
tend.) Was wünschten Ew. Durchlaucht?
Der Fürst. Mit seiner Wittwe zu reden.
Der Haupkmann. Das können Sie diesen
Augenblick. Sie ist hier.
Der Fürst. Sie ist hier? — Schicken Sie
zu ihr, Herr Hauptmann! So bald sie auf ist, soll
sie hieher kommen. — Ich will sie sehn, und will
ihr das Kind wieder zurück geben.
Der Hauptm. chittend.) Gnädigster Herr ^
Der Fürst. Doch darf ihr das nicht gesagt
werden. Gehn Sie! (der Hauptmann geht ab.)
Siebenter Auftritt.
Der Fürst. Der Edelknabe (schlafend.)
Der Fürst. So arm! Durch den Krieg! «—
Wie viel Elend macht doch der Krieg! — Wie viel
Familien mögen nicht über ihn seufzen! — Gut,
daß sie nur über ihn, und Nicht über mich seufzen!
Ich nahm aus Nothwendigkeit Theil daran;- nicht
aus Neigung. —• (aufstehend.) Doch heraus! Es
ist Tag — der Friede hat immer auch sein Schlim-
mes. Er macht wollüstig und träge. — ( Nach etr
nigem Auf, und Nieoergehen bleibt er an dem Sessel
stehen, in welchem dee Knabe schläft.) Ein holder
H M
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
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Historische Darstellung. 22*
tigkeit betrieben. Die nöthigen Anstalten wurden
bald zu Stande gebracht; die eigentliche Ausrüstung
Colombo'n persönlich und allein überlassen. Ant
i2ten Mai nahm Colombo von dem Könige und der
Königin Abschied, und begab sich Nach Palos, wo
die Ausrüstung der für ihn bestimmten Schiffe be-
trieben wurde. Das ganze für Colombo bestimmte
Geschwader bestand aber nur aus drei kleinen Fahr-
zeugen, die nicht viel größer, als große Böte, wa-
ren. — Die auf alle drei vertheilte Mannschaft
bestand, nach der Angabe einiger, aus hundertund
zwanzig, nach andern aber nur aus neunzig Köpfen.
Zu den Matrosen, welche die bei weitem g'ößcste
Zahl ausmachten, hatten sich einige Abentheurer,
als Freiwillige, gesellt. Auch hatten sich einige
Edelleute vom Hofe der Königin , auf Befehl dieser,
mit am Bo d begeben. — Die kleine Flotte war
auf zwölf Monate mit Lebensmitteln versehen. Dies
war die Rüstung, die eine Königin von Castilien
damals für die Kräfte des Staats unerschwinglich
fand, und womit ein Admiral derselben ihm selbst
unbekannte Meere zu befahren, und ganz neue Lan-
der zw entdecken und zu erobern unternahm.
Nichts ist dem Muthe, dem Enthusiasmus und
der Freudigkeit zu vergleichen, mit welchen Colombo
bei dem Anblicke dieser nun vollendeten Ausrüstung
erfüllt war. Es ist großen Seelen eigen, schwie-
rige Unternehmungen als beendet zu betrachten,
wenn sie sich im Stande sehn sie zu beginnen. Die
Klarheit seiner Ueberzeugung, und die Festigkeit
und Freudigkeit seiner Zuversicht, ließen kaum noch
den Gedanken an die Möglichkeit des Mißlingens
zu, und erhoben sein Gemüth über alle Gefahren
und ^Mühseligkeiten. — Es gelang ihm, ähnliche
Gefühle zum Theil auch in seinen Gefährten zu er-
regen. Mehr oder weniger von ihnen belebt , gaben
sie alle ihre freudige Zustimmung, als er ihnen den
Tag der Abreise anzeigte. Am 3, August 1^92
verließ nun oieft kleine Flotte, Witter denk Zujauch-
zen des Volks, den Hafen, und segelte nach den
Eanärtschen Inseln ju. — Schon auf dieser kurzen
P ü
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Historische Darstellung. 267
trieben worden; dabei war sogar Schwedisch-Pont-
mern in den Händen der Preußen, die nun auch
Meklenburg in Besitz nahmen, und in Sachsen ru-
hige Winterquartiere machten. — So endigte sich
ein Feldzug, der in der ganzen Weltgeschichte ohne
Beispiel ist. In diesem einzigen Jahre wurden
sieben Hauptschlachten geliefert, und zahlreiche große
Scharmützel gefochten, von denen viele in den vo-
rigen Jahrhunderten als Schlachten betrachtet wor-
den waren. Große Feldherrn, die zu den seltensten
Produkten der Natur gehören, Friedrich, Ferdi-
nand, hatten hier zugleich den Schauplatz des Krie-
ges betreten, und alle Krieger künftiger Zeitalter
durch Thaten belehrt. Andre, Heinrich, der Erb-
prinz von Braunschweig, Laudon, hatten hier die
Keime ihrer erhabnen Talente entwickelt; noch an-
dere, ogleich minder groß, dennoch in jeder andern
Periode allein fähig den kriegerischen Ruhm eines
Volks bei der Nachwelt zu gründen; Seidlitz, Koith,
Fouquet, Bevern, Etrees, Broglio, Haddtck, Ro-
manzow, Wunsch, Ziethen, Werner und mehrere
berühmte Befehlshaber der verschiedenen Heere hat-
ten hier zuerst Gelegenheit gehabt, ihre außeror-
dentlichen Fähigkeiten zu zeigen. Drei andre Feld-
herrn, jeder mit erkämpften Trophäen bekannt, und
in den Kriegsjahrbüchern unvergeßlich: Schwerin,
Brown und Winterfeldt, waren in diesen» ewig
denkwürdigen Feldzuge gefallen, und hatten durch
ihr edles Blut ihre Thaten besiegelt. Ueber 700,00k
Krreger waren in Waffen gewesen. Und von wel-
chen Völkern! Es waren nicht weichliche Asiarer,
die von jeher mit zahllosen Heeren die Felder be-
deckten, und den Griechen, Römern und Britten
Anlaß zu desto auffallendern Triumphen gaben. Cs
waren keine zusammengeraffte Kreuzfahrer, die in
ungeheuren Schwärmen wie Heuschrecken ganze
Provinzen überschwennnten, sich ohne alle Kriegs-
kunst^ herumschlugen, und aus fanatischem Eifer
Menschen mordeten. Nein! Es waren alles krie-
gerische Nationen, die hier auf deutschem Boden
kämpften; keine der hohen Cultur des lgtn» Jahr-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Laudon Seidlitz Werner Brown Britten
Anlaß
26g
Historische Darstellung
rue zu einem Verhau fallen/ wobei sie sangen, und
einander zuriefen. Durch dies Getöse wollten sie
die Preußischen Vorposten hindern, den Marsch der
Truppen wahrzunehmen. Die wachsamen Preußi-
schen Husaren aber entdeckten doch die Bewegung
des Feindes, und gaben dem Könige sogleich Nach-
richt davon. Anfangs bezweifelte er die Bewegung
selbst; da aber die wiederholten Berichte solche be-
stätigten, so vermuthete er jede andre Ursache der-
selben , nur keinen förmlichen Angriff. Seidlitz und
Ziethen befanden sich eben beim Könige, und er-
schöpften ihre Beredsamkeit, seine Zweifel in diesen
bedenklichen Augenblicken zu bekämpfen; sie brach-
ten es auch dahin, daß Befehle an einige Brigaden
geschickt wurden, aufzustehn, wobei mehrere Regi-
menter Kavallerie ihre Pferde satteln mußten. Die-
ser Befehl aber wurde gegen Morgen wieder auf-
gehoben, und der jetzt ganz unbesorgte Soldat über-
ließ sich dem Schlaf ohne alles Bedenken. — Der
Lag war noch nicht angebrochen, und es schlug im
Dorfe Hochktrch fünf Uhr, als der Feind vor dem
Lager erschien. Cs kamen ganze Haufen auser-
wahlter Soldaten bei den Preußischen Vorposten
an, und meldeten sich als Ueberläufer. Ihre An-
zahl wuchs so schnell und so stark, daß sie bald Vor-
posten und Feldwachen überwältigen konnten. Die
Oesterrcrchische Armee, in verschiedene Corps ge-
theilt, folgte der Avantgarde ans dein Fuß nach,
und nun rückten sie Colonnenweise von allen Seiten
ins Preußische Lager ein. Viele Regimenter der
königlichen Armee wurden erst durch ihre eignen
Kanonenkugeln vom Schlaf aufgeschreckt; denn die
anruckenden Feinde, die größtenteils ihr Geschütz
.zurückgelassen hatten, fanden ans den schnell erober-
ten Feldwachen und Batterien Kanonen und Mu-
nition, und mit diesen, feuerten sie ins Lager der
Preußen. Nie befand sich ein Heer braver Trup-
pen in einer schrecklicheren Lage , als die unter dem
Schutze Friedrichs sorglos schlaftnden Preußen, die
nun auf einmal im Innersten ihres Lagers von ei-
nem mächtigen Feinde angegriffen^ und durch Feuer
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66
bei der Obrigkeit verleumdet, und sv sei er an diesen Ort ge-
kommen. Jeder bat, der Fürst möchte sich doch seiner erbarmen
und ihm die Freiheit schenken. Endlich kam der Fürst auch zu
einem noch ganz jungen Gefangenen und fragte ihn: „Was hast
denn du gethan, daß man dich hierher gebracht hat?" — „Gnädiger
Herr, ich bin ein gottloser Bube gewesen. Ich habe meinem
Vater und meiner Mutter nicht gefolgt, bin ihnen davon ge-
laufen, hab' ein liederliches Leben geführt, gestohlen und betrogen;
ich mühte ein paar Stunden Zeit haben, wenn ich alle die bösen
Streiche erzählen wollte, die ich mein lebenlang begangen habe.
Endlich ist mir mein Recht geworden, und gern will ich meine
Strafe leiden; denn ich weiß, daß ich sie tausendmal verdient
habe." — Der Fürst wußte wohl, daß sie alle ihre Strafe ver-
dient hatten; aber er sagte lächelnd: „Wie kommt denn ein so
abscheulicher Mensch unter diese achtbare Gesellschaft? Geschwind,
nehmt ihm die Ketten ab und jaget ihn augenblicklich hinaus,
damit er nicht etwa gar diese ehrlichen Leute auch noch verführe!"
Sogleich wurde er von seinen Ketten erlöst und in die Freiheit
gesetzt. Cnspari.
132. Ein rechter Preuße.
Ein preußischer Husar wurde von deu Franzosen gefangen
und in das Lager derselben gebracht. Er gehörte zu dem
schwarzen Regiment. Ein jeder Reiter desselben trug unten an
seiner Mütze einen Totenkopf, und schon der bloße Anblick eines
solchen Soldaten flößte Furcht und Schrecken ein. Es war aber
auch ganz unglaublich, wie furchtbar sich diese Soldaten gemacht
hatten. Sie gingen so fröhlich ins Gefecht, als ginge es zum
Tanz, und kehrten nie ohne Beute zurück.
Der französische Oberbefehlshaber fragte den Gefangenen,
wo die Preußen gelagert wären. Darauf antwortete dieser: „Wo
Ihr sie nicht angreifen werdet." Auf die Frage, wie stark die
Armee des preußischen Königs sei, antwortete er: „Gehet selbst
bin und zählet sie!"
Der französische General war über diese Antwort erfreut,
denn ihm gefiel die Kühnheit des wackern Preußen. Er fragte
darauf den Husaren, ob sein König viele solcher Soldaten hätte,
wie er. Der Husar antwortete: „Ich gehöre zu den schlechtesten,
sonst wäre ich jetzt nicht Euer Gefangener."
Reichlich beschenkt wurde er entlassen; allein obgleich er ganz
ausgeplündert worden war und keinen Heller in der Tasche hatte,
so gab er doch in Gegenwart des Feldherrn das geschenkte Geld
einem französischen Soldaten, indem er sagte, daß er von den
Feinden seines Vaterlandes kein Geld annehmen dürfte. Umsonst
trug man ihm Dienste in der französischen Armee an, umsonst
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197
Macht zu betrachten ist. Im westfälischen Frieden erwarb er
Hinterpommern und andere Gebiete, wodurch er den Umfang des
Staates um ein Drittel vergrößerte. Dann kämpfte er ruhm-
voll gegen die Polen, verteidigte als deutscher Reichssürst den
vaterländischen Boden ^gegen die Angriffe der Franzosen und
schlug die gefürchteten Schweden, welche in sein Brandenburg
eingefallen waren, am 18. Juni 1675 bei Fehrbellin aufs
Haupt. _
In dieser denkwürdigen Schlacht, wo der Kurfürst mit
6000 Mann einem doppelt so zahlreichen Feindesheere gegen-
überstand, war sein Leben in höchster Gefahr. Die Schweden
kannten ihn an dem Schimmel, den er ritt, und ihre Kugeln
pfiffen dicht um ihn her. Da sprach sein Stallmeister Fr oben:
„Herr Kurfürst, ich sehe, Euer Schimmel ist scheu geworden,
gebt ihn mir und besteigt meinen Braunen." Kaum waren die
Pferde gewechselt, da sank der treue Diener, von einer Kugel
getroffen, tot herab. Der Kurfürst selber kämpfte mit Helden-
kühnheit. Als eine Schwadron ihren Hauptmann verloren hatte,
stellte er sich an ihre Spitze und rief: „Mut, Kinder! Ich,
euer Fürst, bin jetzt euer Hauptmann, und will siegen oder
ritterlich mit euch sterben." Und er gewann den glorreichsten
Sieg. Die Schweden wurden gänzlich geworfen und flohen eilig
zum Lande hinaus.
Ein Held im Kriege war Friedrich Wilhelm seinen Unter-
thanen zugleich der beste Landeßvater. Auf alle Weise suchte er
seinem durch den dreißigjährigen Krieg erschöpften Lande empor-
zuhelfen. Er unterstützte den Ackerbau, legte Straßen und
Kanäle an, förderte den Handel und führte die Post ein. Die
Macht und das Ansehen seines Landes vermehrte er vorzüglich
durch das tüchtige stehende Heer, welches er gründete. So
hinterließ er bei seinem Tode ein blühendes Land, dessen Glück
und Ruhm sein Werk war. Er starb, 68 Jahre alt. nach
48jähriger Regierung. Seine letzten Worte waren: „Ich weiß,
daß mein Erlöser lebt." ^ndrä
250. Der General Derfflinger.
Derfflinger wurde von armen Eltern in Österreich geboren
und zum Schneiderhandwerk bestimmt. Auf seiner Wanderschaft
a^ls Schneidergeselle wollte er einst bei Tangermünde über die
Elbe fahren. Die Schiffer aber wollten ihn nicht übersetzen, weil
er kein Fährgeld bezahlen konnte. Als er nun mißmutig am
Ufer stand, sah er, daß eine große Anzahl Leute unentgeltlich
übergefahren wurde. Er hörte auf fein Befragen, daß dieses
Kriegsleute seien, welche überall frei durchgingen. Da warf er
fein Handwerksbündel in den Strom und beschloß, auch ein
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Derfflinger Derfflinger
200
er sich gefürchtet sah. Einem Juden, der sich einst ängstlich vor
ihm verbergen wollte, prügelte er aus offener Straße die Lehre
ein: „Ihr sollt mich nicht fürchten, ihr sollt mich lieben!" Am
besten gelaunt war er aber in seiner täglichen Abendgesellschaft,
dem sogenannten Tabakskollegium. Jeder rauchte da seine Pfeife,
und wer nicht rauchen mochte, mußte doch wenigstens auch eine
irdene Pfeife im Munde halten. Die Unterhaltung war ganz
frei; jeder konnte sagen, wie er's meinte; selbst einen derben
L-cherz nahm der König nicht übel. Das war seine einzige und
liebste Erholung, und der ernste und strenge Fürst war nie liebens-
würdiger, als abends bei der Pfeife Tabak in dieser Gesellschaft.
Sein größtes Vergnügen hatte aber der König an seinen
Loldaten, die er seine „lieben, blauen Kinder" nannte. Dabei
ging ihm nichts über große Leute, und sein 4000 Mann starkes
Leibregiment war unter dem Namen der „Potsdamer Riesen"
überall berühmt. Wo er einen solchen langen Menschen aufzu-
treiben wußte, da sparte er kein Geld; für einen einzigen soll er
einmal 9000 Thaler gegeben haben. In aller Herren Länder
sandte er seine Werber aus, die ihm Rekruten für sein Leib-
regiment mit Geld, List oder Gewalt herbeischaffen mußten. An
der Spitze des Heeres stand der Fürst Leopold von Dessau, den
man gewöhnlich den „alten Dessauer" nennt. Nach Halmhuber.
353. Friedrich der Große (1740—1786).
Seine Jugendjahre.
Der dritte in der Reihe der preußischen Könige ist Friedrich
Wilhelms I. Sohn, Friedrich Ii. der Große. Er war ge-
boren am 24. Januar 1712 und hatte eine schwere Jugendzeit;
denn sein Vater behandelte ihn äußerst strenge. Vor allem wollte
er ihn zu einem tüchtigen Soldaten heranbilden; schon sehr frühe
wurde der Prinz zu allen militärischen Übungen angehalten.
Aber das unaufhörliche Exerzieren gewährte Friedrichs lebhaftem
Geiste keine Befriedigung; er las lieber französische Bücher,
machte Gedichte und ergötzte sich mit Flötenspiel. Das war dem
derben Sinne des Vaters höchlich zuwider; er fürchtete, bei
solchen Neigungen werde aus seinem Sohne nimmermehr ein
rechter Kriegsmann werden. „Fritz," sagte er verdrießlich, „ist
ein Querpfeifer und Poet, er macht sich nichts aus den Soldaten
und wird mir meine ganze Arbeit verderben!"
Je mehr der Prinz heranwuchs, desto härter wurde die Be-
handlung, welche ihm widerfuhr. Da faßte der Jüngling den
verderblichen Entschluß, heimlich nach England zu entfliehen.
Aber die Sache wurde verraten und Friedrich in dem Augen-
blicke, wo er sein Vorhaben ausführen wollte, verhaftet. Der
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Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Dessau Leopold Friedrich Friedrich Wilhelms_I. Friedrich_Ii Friedrich Friedrichs Friedrich Friedrich
201
König geriet in den heftigsten Zorn, ließ den Prinzen aus die
Festung Küstrin ins Gefängnis bringen und setzte ein Kriegs-
gericht' nieder, um ihn zum Tode zu verurteilen. Friedrichs
Freund, der Lieutenant Katte, welcher ihm bei dem Flucht-
versuche behülflich gewesen war. wurde an seinem Kerkerfenster
vorüber zum Blutgerüste geführt. Dieses furchtbare Geschick
machte auf des Kronprinzen Gemüt einen tiefen Eindruck. Er-
las eifrig in der Bibel und äußerte ernste Reue über sein Un-
recht. Den Vater bat er in einem Briefe demütig um Ver-
zeihung und versprach, ihm künftig ein gehorsamer Sohn zu sein.
Darauf wurde er der strengen Haft entlassen, mußte aber noch
längere Zeit in Küstrin bleiben und bei der Regierung arbeiten.
Das that er mit großem Fleiße und lernte die Geschäfte der
Staatsverwaltung gründlich kennen. Nun war der Vater voll-
ständig versöhnt; er setzte ihn als Oberst an die Spitze eines
Regiments und kaufte ihm das Lustschloß Rheiusberg.
Auf diesem freundlichen Schlosse verlebte der Prinz eine
glückliche Zeit. Hier konnte er sich nach Herzenslust mit den
Wissenschaften beschäftigen; hier las er mit Bewunderung die
Thaten der Helden aller Zeiten; hier versammelte er die geist-
vollsten Männer um sich, in deren Umgänge er Belehrung und
Erholung fand. Mit den berühmtesten Gelehrten trat er in
Briefwechsel. Den Vater stellte er dadurch zufrieden, daß er
seine Soldatenpflichten aufs beste erfüllte und ihm bei jeder
Gelegenheit seine kindliche Liebe zu erkennen gab. Mit Freude
entdeckte der König mehr und mehr die hohen Fähigkeiten des
Sohnes und den militärischen Geist, der in ihm wohnte.
„O mein Gott," rief er vor seinem Ende aus, „ich sterbe zu-
frieden, da ich einen so würdigen Sohn und Nachfolger hinter-
3(nbvci.
354. Friedrich wird König.
Achtundzwanzig Jahre alt, bestieg Friedrich den Thron feiner
Väter und zeigte gleich anfangs einen echt königlichen Sinn und
eine rechte Vaterliebe für seine Unterthanen. Eine Mißernte
hatte große Not über das Land gebracht. Da öffnete er die
Magazine, ließ das Getreide zu billigen Preisen an die Armen
verabfolgen und unterstützte sie mit Geld.
Das Heer wurde vermehrt und tüchtig geübt; die Offlziere
erhielten die gemessensten Befehle, die Soldaten zwar streng, aber
nicht unmenschlich zu behandeln. — Auch schaffte er sofort die
Folter ab, welche bis dahin noch zur Erpressung von Geständ-
nissen bei den Verbrechern angewendet worden war.
Da starb im Oktober des Jahres k 740 der deutsche Kaiser-
Karl Vi. und hinterließ seiner Tochter Maria Theresia das Reich.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrich Karl_Vi Karl Maria_Theresia Maria Theresia
stellen und den Durchzug durch sein Land zu gestatten.
Im Sommer des Jahres 1812 überschritt Napoleon mit vier-
hunderttausend auserlesenen Kriegern zufuss und sechzig-
tausend zuross, nebst 1200 Stück Geschützen die russische
Grenze. Er hatte die besten Scharen aus allen Ländern
Europas gesammelt. Die Russen zeigten sich in mehreren
Schlachten zwar tapfer, aber sie mussten sich zurückziehen.
In der mörderischen Schlacht an der Moskwa erlitten sie
eine ungeheure Niederlage: 100,000 Tote und Verwundete
bedeckten das Schlachtfeld. Am 14. September zog der
Sieger in Moskau ein, das die Einwohner freiwillig verlassen
hatten. Seine Soldaten sollten hier Winterquartier nehmen
und sich von den Strapazen erholen. Aber des Nachts
brach an verschiedenen Stellen Feuer aus, das vier Tage
lang wütete und die ganze Stadt in Asche legte. Kaum
entrann Napoleon in der furchtbaren Verwirrung dem dro-
henden Feuertode. Er beschloss den Rückzug; aber auf
dem weiten Wege fanden die Soldaten nur Brandstätten
und verlassene Dörfer und Städte. Dazu trat ein unge-
wöhnlich zeitiger und strenger Winter ein. Tausende von
Soldaten starben vor Hunger und Kälte oder fielen unter
den Lanzen der nachfolgenden Kosaken oder unter den
Keulen der ergrimmten Bauern. Die Kanonen und Wagen
liess man stehen; die Gewehre, Tornister und Säbel warf
man weg; die Pferde schlachtete man, um mit ihrem
Fleische den nagenden Hunger zu stillen. Bei dem Über-
gänge über die Beresina brach im Gedränge die Brücke
zusammen. Fussvolk, Reiterei und Tross, alles wollte auf
einmal hinüber. Tausende fanden ihr Grab in den Fluten,
oder wurden von den Hufen der Pferde zertreten, oder von
den Rädern der Kanonen zerquetscht, oder von den Kar-
tätchen der nachsetzenden Russen niedergeschmettert. Tau-
sende wurden gefangen genommen. Da verliess Napoleon das
Heer und eilte in einem Schlitten zurük. Die Hand des
Herrn hatte ihn getroffen; denn er hatte gesagt: „Bis hier-
her und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen
Wellen!“ Von der „grossen Armee“, wie Napoleon sie nannte,
sahen nur 30,000 das deutsche Land wieder — zerlumpt,
halbnackt und mit erfrorenen Gliedmassen. Naeh Franz Schmidt.
265. Preußens Erhebung.
Die Kunde von dem Untergange, der Napoleons große
-Armee in Rußland ereilt hatte, bewegte ganz Europa. Gottes
gewaltiger Arm war der Welt offenbar geworden. Feßt schien
für die unterdrückten Völker die Stunde gekommen, die Fremd-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Franz_Schmidt Franz Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Europas Moskwa Moskau Napoleons Europa
213
Herrschaft abzuwerfen. Vornehmlich in dem von Napoleon aufs
härteste bedrückten Preußenvolke durchglühte das Verlangen nach
Befreiung des Vaterlandes alle Herzen. Der König Friedrich
Wilhelm Iii. schloß mit dem Kaiser Alexander von Rußland
einen Bund und erließ von Breslau aus einen Aufruf an sein
Volk, die Waffen gegen Napoleon zu ergreifen. Und begeistert
erhob sich das Volk „mit Gott für König und Vaterland." Da
war unter den Preußen nur ein Gedanke: das Vaterland zu
retten, Deutschland von seinem Bedrücker zu befreien. Krieg!
Krieg! erschallte es allerorten; Krieg! rief der Edelmann und
Landbesitzer, der verarmt war: Krieg! der Bauer, der sein letztes
Pferd unter Vorspann und Fuhren tot trieb; Krieg! der Bürger,
den die Einquartierungen und Abgaben erschöpften; Krieg! die
Witwe, die ihren einzigen Sohn ins Feld schickte. Jünglinge,
die kaum wehrhaft waren, Männer mit grauen Haaren, reiche
Gutsbesitzer und Beamte, Väter zahlreicher Familien wollten
nicht zurückbleiben, ja sogar Jungfrauen unter mancherlei Ver-
kleidungen drängten sich zu den Waffen: alle wollten sich rüsten
und für das Vaterland streiten und sterben. Und was die Männer
im Waffendienste thaten, das that das schwächere Geschlecht der
Frauen durch stille Gebete, inbrünstige Ermahnungen, fromme
Arbeiten, menschliche Sorgen und Mühen für die Ausziehenden,
Kranken und Verwundeten. Die Menge derer aber, welche Geld-
summen, Ringe und goldene Ketten, Kleidungsstücke und Mittel
zur Pflege der Verwundeten spendeten oder auf ihre Kosten Frei-
willige ausrüsteten, ist unzählbar. Kinder und Gesinde leerten
ihre Sparbüchsen; eine schlesische Jungfrau schnitt sich, weil sie
nichts Anderes zu geben hatte, ihr schönes Haar ab und brachte
den Erlös dem Vaterlande dar. So einmütigen Sinnes, so
opferfreudig ging das preußische Volk im Frühlinge des denk-
würdigen Jahres 1813 in den heiligen Krieg, voll froher Zu-
versicht zu dem Gotte der Heerscharen, daß er seine Waffen segnen
werde. 2(nl)vii
266. Mit Gvtt für König und Vaterland.
Der König rief, und alle, alle kamen,
die Waffen mutig in der Hand,
und jeder Preuße stritt in Gottes Namen
für das geliebte Vaterland.
Und jeder gab, was er nur konnte geben:
Kind, Hab und Gut, Gesundheit, Blut und Leben,
mit Gott für König und für Vaterland! £eim
267. Der Befreiungskampf.
Napoleon hatte nach seiner Rückkehr aus Rußland rasch ein
neues, zahlreiches Heer geschaffen und den verbündeten Preußen
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Friedrich
Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Alexander_von_Rußland Alexander Napoleon Napoleon